Bildungspartnerschaften als Grundstein für eine erfolgreiche Berufsorientierung

Bildungspartnerschaften zwischen Schulen und Unternehmen bieten für beide Seiten enorme Mehrwerte. Die Firmen können zum einen als starke regionale Partner die Schüler gezielt im Bereich der Berufsorientierung unterstützen. Und die Schüler können über die Firmen bereits frühzeitig mit möglichen Berufen in Kontakt kommen. Eine solche Bildungspartnerschaft gibt es seit Ende 2017 zwischen Rehm Thermal Systems und der Blautopfschule Blaubeuren. Im Interview berichten Joachim Flinspach und Lea Scheiffele – beide Lehrkräfte an der Blautopfschule und für die Bereiche Berufs- und Studienorientierung verantwortlich – über Bildungspartnerschaften, die Zusammenarbeit mit Rehm Thermal Systems und was die Coronapandemie für Herausforderungen und Chancen mitgebracht hat.

Herr Flinspach, die Blautopfschule Blaubeuren kooperiert im Rahmen einer Bildungspartnerschaft mit Rehm Thermal Systems. Wie kam es dazu, wie entstand der Kontakt?
Joachim Flinspach: Die Anregung für Bildungspartnerschaften im Allgemeinen kam von der IHK Ulm. In den Jahren darauf haben wir dann einige Bildungspartnerschaften mit Firmen der Region geschlossen, aber wir hatten immer noch die Firma Rehm Thermal Systems ins Auge gefasst. Denn als Großbetrieb können unsere Schüler bei Rehm nicht nur Einblicke in handwerkliche, sondern auch in kaufmännische Berufe bekommen. Das bietet unseren Schülern eine tolle Auswahl. Als wir uns dann mit Rehm Thermal Systems in Verbindung gesetzt haben, sind wir direkt auf großes Interesse gestoßen. 

Wie sieht so eine Zusammenarbeit in Form einer Bildungspartnerschaft konkret aus?
Joachim Flinspach: Eine Bildungspartnerschaft soll vor allem der Berufsorientierung dienen. Einer der wichtigsten Aspekte dabei sind Praktika. Durch die Praktika entsteht im besten Fall eine Win-win-Situation – für die Schüler, aber auch für die Firmen. Die Firmen bekommen von uns Schüler, die genau ins Profil passen. Und die Schüler erhalten einen Praktikumsplatz, der womöglich den ersten Schritt in das Berufsleben bedeutet. Wenn die Schüler ein Praktikum machen, dann gibt es nur drei Möglichkeiten, wie es ausgeht: Der Schüler stellt fest, dass der Beruf überhaupt nicht für ihn taugt – das ist das eine. Es gibt aber auch Schüler, die kommen von einem Praktikum zurück und können es sich vorstellen, künftig in diesem Beruf zu arbeiten. Im allerbesten Fall sagt ein Schüler am Ende des Praktikums: Genau dort will ich hin. Und die Firma sagt: Genau den Schüler will ich für den Ausbildungsplatz. 

Welche Vorteile hat so eine Bildungspartnerschaft für die Schüler, aber auch für die Schule? 
Lea Scheiffele: Wir bereiten die Schüler im Unterricht ganz gezielt auf die Berufsorientierung vor. In Klasse 6 beginnen normalerweise die ersten Schritte bei der Berufsorientierung. Doch zu diesem Zeitpunkt gibt es noch ein breitgefächertes Spektrum an Berufen, die das Interesse eines Schülers wecken. Wir lotsen unsere Schüler dann in eine Richtung und versuchen ihnen aufzuzeigen, wo ihre Stärken liegen. In einem Praktikum können die Schüler an diese Stärken anknüpfen. So wird aus der ursprünglich großen Menge an potenziellen Berufen ein immer engeres Feld. 

Was ist wichtig bei Bildungspartnerschaften? Was muss getan werden, dass die Bildungspartnerschaft Erfolg hat?
Joachim Flinspach: Es ist enorm wichtig, dass sich die Schüler die späteren Berufe richtig vorstellen können. Dass sie genau wissen, was der Beruf ist, was den Beruf ausmacht, wie er sich anfühlt, wie er riecht. Und das ist etwas, das können Schüler in Praktika – und damit in Bildungspartnerschaften – erreichen. 

Hat sich seit der Coronapandemie etwas geändert, mussten Forma/Herangehensweisen angepasst werden?
Joachim Flinspach: Es hat sich etwas Fundamentales in den vergangenen Monaten verändert: Die Schüler konnten keine Praktika machen. Die Pandemie hat im Schulalltag und damit auch bei der Berufsorientierung vieles durcheinander gewirbelt. Denn gerade bei der Berufsorientierung ist der persönliche Kontakt der Schüler zu den Firmen enorm wichtig. Dennoch: Es sind auch einige neue Formate entstanden. So fand beispielsweise ein digitales Bewerbertraining mit Rehm Thermal Systems statt. Das war ein spannendes und hilfreiches Format für unsere Schüler. Unsere gemeinsame Idee des virtuellen Bewerbertrainings mit den Personal-Profis der Firma Rehm wurde sogar von der Landesregierung im Rahmen des Wettbewerbes „Bildungspartnerschaften digital“ ausgezeichnet. Ein toller Erfolg! 

Mit welchen Herausforderungen haben die Schüler gerade am meisten zu kämpfen? Vor allem die, die kurz vorm Abschluss stehen?
Lea Scheiffele: Den Schülern fehlt gerade in erster Linie der direkte Kontakt zu den Berufen. Gerade bei Handwerksberufen ist es wichtig, dass die Schüler damit in Kontakt kommen und sich den Berufsalltag vor Augen führen können, anschauen können. Denn gerade im Handwerk ist es doch das Schöne, dass man am Ende eines Tages was Richtiges erschaffen hat. Etwas, das bleibt. Man kann sich ein Denkmal setzen. Das ist bei anderen Berufen manchmal etwas schwieriger. 

Welche Lücken/Probleme sind durch die Coronapandemie entstanden und welche Maßnahmen plant die Blautopfschule, um diese zu schließen/zu lösen? 
Joachim Flinspach: Das Wichtigste hier ist: Der Schüler selbst muss es wollen, er muss es wollen, diese Lücken zu schließen. Es gibt verschiedene freiwillige Angebote – wie beispielsweise Lernbrücken in den letzten beiden Ferienwochen –, aber die Initiative muss eben vom Schüler selbst kommen. Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir als Gemeinschaftsschule ein ganz anderes Bildungskonzept haben und somit die Schüler gut auffangen können. Schon alleine das Coaching – hier hat jeder Schüler 15 Minuten pro Woche Zeit, mit seinem Coach [ein Lehrer der Schule, der den Schüler jedoch nicht unterrichtet, Anm.] zu sprechen, über alles, was ihn bewegt. Und da kann man natürlich die Weichen gut stellen, was die Berufsorientierung angeht. Aber auch genau erkennen, wo Corona eventuell etwas hinterlassen hat, darauf eingehen und den Schüler wieder in die richtige Bahn bringen. 

Was glauben Sie: Wie sieht die Bildungspartnerschaft zwischen der Blautopfschule und der Firma Rehm in ein paar Jahren aus? Was wird sich verändert haben? 
Joachim Flinspach: Es wird digitaler, was gut ist. Trotzdem sollte es immer im Vordergrund stehen, dass die Schüler die Menschen in den Firmen kennen lernen. Die Berufsanbahnung wird wahrscheinlich künftiger digitaler stattfinden, die Vertiefung in den jeweiligen Beruf dann aber manuell – und auf „traditionelle“ Weise. 
Lea Scheiffele: Berührungsängste abbauen, und erste Kontakte knüpfen – das wird auch in Zukunft mit der wichtigste Aspekt einen konstruktiven und fruchtbaren Bildungspartnerschaft sein. Wir freuen uns darauf, diesen Weg gemeinsam mit Rehm Thermal Systems zu gehen.